Ein Freund hat einen Realitätsckeck auf seinem Blog www.microle.de gemacht. Er versuchte und schaffte es so weit wie möglich auf Papier im Alltag zu verzichten. Mit Smartphone, Tablet und Laptop geht er durch den Alltag. Auch ich nutze mein Samsung Slate seit einigen Wochen. Am Ende seines Experimtentes hatte er 245 Euro in seiner Strafkasse, da er nicht ganz papierlos seinen Alltag bestreiten konnte.
Nun stellen sich aber auch einige juristische Problempunkte im papierlosen Leben:
1. Wie bringt man einen digitalen Beweis in einen möglichen Prozess vor einem Zivilgericht ein?
Dieses Problem ist kein wirklich neues Problem. Die Liefer- und Postbetriebe nutzen wie auch einige Betriebe zur Personenbeförderung die digitale Unterschrift zum Beispiel für die Paketannahme oder für die Unterschrift zum Lasteinzug. Um dem Problem näher zukommen müssen wir uns die Beweismittel der allgemeinen Beweisaufnahme anschauen. Der Beweis im der Zivilprozessordnung wird in den §§ 355 – 370 ZPO geregelt.
Beweismittel in der Beweisaufnahme:
- Sachverständigengutachten
- Urkunde
- Augenschein
- Zeuge
- Parteivernehmung
[Tipp: Den kleinen Fünfklang kann man sich gut mit dem Fantasiewort „SAPUZ“ merken.]
Der Beweis muss grundsätzlich im Prozess von der Partei vorgelegt werden, die ein Recht zum Beispiel auf Herausgabe oder Unterlassen erstreiten will. Dies kann in dem „digitalen“ Fall zu einem Problem führen. Die Unterschrift wurde auf einem Tablet oder im mindesten Maße auf einem touchsensitiven Gerät mit entsprechender Oberfläche gemacht. Dieses Gerät speichert die Unterschrift zu einem einmalig bestimmten Vorgang ab.
Wenn der aufmerksame Leser sich die fünf Beweismittelkategorien einmal genauer anschaut, wird sie/er erkennen, dass zunächst die „Urkunde“ und auch ein „Sachverständigengutachten“ zunächst nicht passend sind. Eine Urkunde wäre zum Beispiel der Fahrzeugbrief oder das Sparbuch. Ein Sachverständigengutachten wird tradtionell oft im Gebiet des Baurechtes oder auch bei Fahrzeugen eingeholt, um durch einen Dritten einen komplizierten technischen Vorgang erläutert und bewertet zu bekommen.
In der Praxis müsste das Gerät des im obigen Beispiel verwendeten Paketzustellers als Beweis dem Gericht vorgelegt werden. Dies ist in der Paxis kaum umsetzbar, da das Gerät entweder im Einsatz, defekt oder der Speicher des Gerätes schon ausgelesen ist. Der Beweis ist somit im Rahmen der engen Betrachtung vernichtet worden. Es existiert nur noch eine Datei mit der digitalen Unterschrift und dem Vorgang auf einem zentralen Server des Zustellerbetriebes.
Werden wir uns nun einmal genauer die einzelnen Beweismittel anschauen:
zu 4 + 5 :
§§ 377ff. Zeuge und §§ 445,453 ff. Parteivernehmung
„Ein Zeuge ist eine Person, die über Tatsachen, die sie wahrgenommen hat, aussagen soll.“(Creifels, Rechtswörterbuch,20.Auflage) Zeuge kann und wird in einem Prozess der Paketzulieferer und Partei wird der Paketempfänger sein können. Die Aussage des Paketempfängers gleichzeitigem Antragsteller (Parteivernehmung) scheint üblicherweise weniger Gewicht zu haben und ob der Paketzulieferer sich bei Durchschnittlich 30-50 Zustellungen am Tag an jeden einzelnen Paketempfänger auch mehere Monate nach der Zustellung erinnern kann ist fraglich.
Zeugen sind aus der Erfahrung immer die „unsichersten“ Beweismittel, da aus unzähligen wissenschaftlichen Untersuchungen eindeutig hervorgegangen ist, dass die Erinnerung dem Menschen oft einen „Streich“ spielt und das Gedächnis zum Beispiel auch die Tatsache als wahr/tatsächlich annimmt, an die der Mensch fest glaubt. Nicht ohne Grund gibt es zum Beispiel den „Placeboeffekt“ in der Medizin.
Zusammengefasst kann der Zeuge ein Beweismittel sein, aber scheidet leider oft durch seine Unzuverlässigkeit aus.
[Tipp: Machen Sie eine Skizze und schreiben Sie sich noch am Tatort/Geschehen die Umstände und das Erlebte auf.]
zu 3:
§ 371 Augenschein (Quelle deJure)
(1) Der Beweis durch Augenschein wird durch Bezeichnung des Gegenstandes des Augenscheins und durch die Angabe der zu beweisenden Tatsachen angetreten. Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand des Beweises, wird der Beweis durch Vorlegung oder Übermittlung der Datei angetreten.
(2) Befindet sich der Gegenstand nach der Behauptung des Beweisführers nicht in seinem Besitz, so wird der Beweis außerdem durch den Antrag angetreten, zur Herbeischaffung des Gegenstandes eine Frist zu setzen oder eine Anordnung nach § 144 zu erlassen. Die §§ 422 bis 432 gelten entsprechend.
(3) Vereitelt eine Partei die ihr zumutbare Einnahme des Augenscheins, so können die Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit des Gegenstandes als bewiesen angesehen werden.
Jetzt kommen wir zum Letzten und aus Sicht eines Beweismittels im digitalen Prozess interessantesten Punkt „dem Augenschein“. Eine Datei kann nicht als Beweis in einen Prozess als „Datei“ eingeführt werden, aber als „augenscheins Beweis“. Nun wird es heißer. Wie funktioniert nun das Einbringen des Beweises als „Augenschein“.
Der Ablauf ist im Grunde recht einfach. Die vorlegende Partei kann zum Beispiel im Rahmen eines Prozesses eine mit der gebrannten Datei enthaltene CD dem Schriftsatz beifügen. Die CD wird dann im Prozess unter Augenschein genommen. Sollte die enthaltenen Dateien und die digitale Unterschrift selber erkennbar und nachvollziehbar erkennbar mit dem Vorgang verknüft sein, dann ist eine Betrachtung der anwesenden Anwälte, Richter und Partein möglich. Vorausgesetzt, dass die digitale Kopie vom Gerät des Paketzulieferes bis zum Server und wieder auf die CD und dann auf dem Rechner der Richterin, des Richters, unbeschädigt ist und die Kette beweisbar unmanipuliert ist, dann ist der Beweis in das Verfahren eingebracht worden.
In einigen Fällen besteht nun auch die Möglichkeit noch einen Sachverständigen einzuberufen, um den einwandfreien Zustand der Datei/digitalen Unterschrift zu gewährleisten. Dies wird aus Gründen der Kosten und der Zeit oft jedoch nicht gemacht.
Der Beweis ist nun in das Verfahren eingegangen und kann genutzt werden.
Teil 2 folgt in Kürze!