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LG Köln – Ein Ende der Redtube Affäre?

Das Landgericht erklärt in einer Abhilfeentscheidung mit dem Aktenzeichen 209 O 188/13 ihre eigenen Beschlüsse zur Herausgabe der Nutzerdaten an die Telekom für nichtig.

Das Gericht begründet die Entscheidung als Feststellung damit, dass nach nochmaliger Prüfung des Antrags auf Auskunft die Voraussetzungen gemäß § 101 IX UrhG nicht mehr vorliegen. Hierzu muss es unter anderem eine offensichtliche Rechtsverletzung gegeben haben.

 

„An einer solchen offensichtlichen Rechtsverletzung fehlt es. Offensichtlich ist eine Rechtsverletzung dann, wenn eine ungerechtfertigte Belastung des Dritten ausge-schlossen erscheint, wobei Zweifel in tatsächlicher, aber auch in rechtlicher Hinsicht die Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung ausschließen würden (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 16/5048, S. 39). Solche Zweifel bestehen hier.“

 

Weiterhin war in dem Antrag von „Download“ (“ die verfahrensgegenständlichen Werke für die […] Downloadlinks heruntergeladen wurden“ S. 5 der Antragsschrift“)  die Rede (Zugänglichmachung nach § 19a UrhG). Dabei handelte es sich wirklich um Streaming, welches keinen Download darstellt. Der Antragsteller hat auch auf Nachfragen keine Erläuterungen zur Software gemacht, die den Verstoß und die IP Adressen ermittelte. Ebenso wurde keine weitere Erläuterung eingereicht durch die eine erkennbare Urheberrechtsverletzung liegen könnte, da eben kein Download vorlag.

 

Das Landgericht Köln schließt sich nun dem Justizministerium an, welches für die Bundesregierung eine Antwort auf eine kleine Anfrage der Linken verfasst hatte:
„Diesen Sachvortrag hat die Kammer ursprünglich in der Weise verstanden, dass ein Download in Form der dauerhaften Speicherung und damit ein Verstoß gegen das allein dem Inhaber des Urheberrechts zustehende Vervielfältigungsrecht gemäß § 16 UrhG vorlag und durch die Software erfasst worden ist. Hierin hätte grundsätzlich eine den Auskunftsanspruch rechtfertigende Urheberrechtsverletzung liegen können.“ Die Software konnte also keinen Urheberrechtsverstoß darstellen, da dieser nur in einer dauerhaften Speicherung läge.

 

Damit schließt das LG Köln bei Streaming auch eine Urherrechtsverletzung aus:

„Wie nunmehr u.a. durch die eingereichten Abmahnschreiben bekannt geworden ist, handelte es sich jedoch tatsächlich um Verletzungshandlungen, die durch das Ansehen eines so genannten „Streams“ auf der Plattform www.redtube.com begangen worden sein sollen, womit das Abspielen einer Video-Datei im Webbrowser des Nutzers im Raume steht. Die Kammer neigt insoweit der Auffassung zu, dass ein bloßes „Streaming“ einer Video-Datei grundsätzlich noch keinen relevanten rechtswidrigen Verstoß im Sinne des Urheberrechts, insbesondere keine unerlaubte Vervielfältigung i.S.d. § 16 UrhG darstellt, wobei diese Frage bislang noch nicht abschließend höchst-richterlich geklärt ist. Eine solche Handlung dürfte vielmehr bei nur vorübergehender Speicherung aufgrund einer nicht offensichtlich rechtswidrig hergestellten bzw. öffentlich zugänglich gemachten Vorlage regelmäßig durch die Vorschrift des § 44a Nr. 2 UrhG gedeckt sein (vgl. Busch, GRUR 2011, 496; Stolz, MMR 2013, 353).“
Quelle:
2014_01_27—Abhilfeentscheidung-Streaming-Verfahren

Auskunftsanspruch:
BGH NJW 2012, 2958 Rn. 10 – Alles kann besser werden; OLG Düsseldorf, BeckRS 2012, 22058

Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung
Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drs. 16/5048, S. 39

 

 

Videostreaming – Antwort auf die kl. Anfrage der Linken

Vor einigen Tagen habe ich mich mit einer sehr interessanten Anfrage einiger Abgeordneten der Linken für die Linksfraktion an die Bundesregierung befasst: http://www.rakoellner.de/2014/01/kleine-anfrage-zum-thema-videostreaming/

Nun ist endlich die lang ersehnte Antwort auf die Anfrage in einer Vorabversion in elektronischer Form veröffentlicht worden. Einige Tage nachdem SpiegelOnline diese oder Auszüge dieser Antwort vorlagen.

Die Linksfraktion hatte seiner Zeit 10 Fragen zum Thema Videostreaming, Redtube und der Rechtmäßigkeit, sowie einer möglichen Strafbarkeit gestellt.

Die Antwort auf die Fragen wird in einem juristischen Gutachten verfasst, so dass ich für die Nicht-Juristen unter uns diese kurz zusammenfasse. Diese wurde mit Schreiben des Justizministeriums am 30.12.2013 übermittelt. Dem sachkundigen Juristen empfehle ich immer den Urtext zu lesen um auch zum Beispiel in Bezug auf die Wortwahl bestimmte juristische Richtungen zu erfassen.

1. Hält die Bun­des­re­gie­rung das reine Betrach­ten eines Video­st­reams für eine urhe­ber­recht­lich rele­vante Ver­viel­fäl­ti­gung? Wenn ja, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen hält die Bun­des­re­gie­rung dies für ille­gal und damit abmahn­wür­dig?

Antwort: (Paragraphen ohne Gesetzesnennung sind jehe des Urheberrechtsgesetzes)

  • Das deutsche Urheberrechtsgesetz wurde nach Vorgaben gemäß der Europäischen Richtlinie 2001/29/EG (Info-Richtlinie) umgesetzt. Es beschreibt sowohl die Ausgestaltung der Rechte des Urhebers und des Leistungsschutzberechtigten (§§15ff.), als auch Regelungen zu den Schranken die den Umfang der ausschließlichen Rechte der Rechteinhaber umfasst (§§ 44a ff.).
  • §§15ff. bestimmt, dass der Urheber grundsätzlich das alleinige Recht besitzt sein Werk zu verbreiten und zu vervielfältigen oder auch in der vorliegenden Frage im Internet zu veröffentlichen.
  • Nach § 44a ist eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung ohne Zustimmung des Rechtsinhabers zulässig, wenn die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist, eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder einer rechtmäßigen Nutzung eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstandes zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben. Diese Regelung des § 44a setzt wortgleich Artikel 5  Absatz 1 der Info-Richtlinie um.
  • Auch wenn § 44a im Einzelfall nicht einschlägig sein sollte, so ist unter Voraussetzung des § 53 I der so genannten Privatkopie-Schranke zulässig.
  • Nach § 53 I ist die einzelne Vervielfältigung eines Werkes durch natürliche Personen zum privaten Gebrauch erlaubt, sofern dies nicht mittelbar oder unmittelbar kommerziell ist.
  • „Zur Vervielfältigung darf keine offensichtlich rechtwidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet werden. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit er öffentlichen Zugänglichmachung muss für den jeweiligen Nutzer erkennbar sein.“ Daraus folgt das der Nutzer keine übermäßigen Prüfungspflichten hat. Es verpflichtet auf der anderen Seite den Rechteinhaber zu beweisen, dass die vervielfältigte Vorlage offensichtlich rechtswidrig hergestellt oder unerlaubt öffentlich zugänglich gemacht worden ist. (Bundesdrucksache: 16/1828 S. 26)
    [Hierbei handelt es sich um eine Beweispflicht des Rechtsinhabers, die wir aus Urheberprozessen schon kennen.]

Weiterhin hält die Bundesregierung das reine Betrachten eines Videostreams nicht für eine Urheberrechtsverletzung.
Sie sagt aber auch, dass es noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt und dass es letztlich nur der EUGH die Frage entscheiden könnte.

Es könnten dementsprechend Gerichte im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahren Art. 267 AEUV die Frage dem EUGH vorlegen oder ein Verfahren gelangt über den Rechtszug zum EUGH.

Innerhalb dieser ersten Frage bezieht das Justizministerium für die Bundesregierung Stellung. Die restlichen Fragen werden so gut wie nicht beantwortet, da zum einen die Bundesregierung keine Stellung zu Urteilen der Legislative abgibt und Aussagen zum Gesetz der urheberrechtlichen Abmahnungen und dessen Wirkung, welches am 9.10.2013 in Kraft trat wird es erst 2015 eine Begutachtung geben.

„Die Bundesregierung will das Urheberrecht den Erfordernissen und Herausforderungen des digitalen Zeitalters anpassen und dabei die digitale Nutzungspraktiken berücksichtigen.“ Ebenfalls überprüft aktuell die EU Kommission die gemeinschaftlichen Urheberrechtlichen Acquis auf die temporäre Vervielfältigung in Bezug auf die Betrachtung von urheberrechtlich geschützten Inhalten auf Webseiten im Rahmen des Artikel 5 I der Info Richtlinie.

Auskunftserteilungsverfahren gemäß § 101 IX UrhG
Für das Verfahren sind die Landgerichte zuständig und diese haben das Recht und die Pflicht den Antrag und dessen Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel zu prüfen.
Ein verfahrenseinleitender Antrag soll nach § 23 I FamFG begründet werden. Denn für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren bei Familiensachen und in den Angelegenheiten der freien Gerichtsbarkeit entsprechend.

 Möglichkeiten von Abgemahnten

  • Anspruch 1:
    Der Abgemahnte hat einen Gegenanspruch missbräuchliche Abgemahnter auf Ersatz der ihnen entstanden Kosten gemäß § 97a IV UrhG.
  • Anspruch 2:
    Außerdem kann der Abgemahnte im Wege der negativen Feststellungsklage gerichtlich klären lassen, ob die Abmahnung berichtet ist oder nicht. „Ziel dieser klage ist die Feststellung, dass die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht bestehen. Das erforderliche Feststellungsinteresse ist regelmäßig gegeben, da sich der Abmahner eines Unterlassungsanspruchs berühmt.“
  • Zuständigkeit der Gerichte:
    „Zuständig ist grundsätzlich jedes Gericht, bei dem auch der Abmahner seine Unterlassungsansprüche geltend machen kann. Dazu gehören also auch Gerichte in Deutschland.“

 

 

Links:

Frage: http://www.rakoellner.de/2014/01/kleine-anfrage-zum-thema-videostreaming/
Bundesdrucksache
: 16/1828 vom 15.06.2006

Antwort der Bundesregierung
Drucksache 18/246
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/002/1800246.pdf

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/018/1601828.pdf

Info-Richtlinie:
„Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft“
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32001L0029:DE:NOT