Daily Archives: 22. Januar 2014

[BGH] wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit sogenannter “Tippfehler-Domains”

 

“Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht
zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über die Zulässigkeit
eines Domainnamens entschieden, der bewusst in einer fehlerhaften Schreibweise
eines bereits registrierten Domainnamens angemeldet ist.”

Die Klägerin des Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof unter dem Domainnamen WWW.wetteronline.de im Internet einen Wetterdienst mit Informationen zu Orten und dessen Wetterdaten. Nutzer die diese Seite besuchen wollen, aber einen Tippfehler begehen gelangen auf www.wetteronlin.de. Auf der zuletzt genannten Webseite wird für private Krankenversicherungen geworben und die Beklagte, der Betreiber dieser Webseite, erhält pro Aufruf ein Entgeld.

Die Klägerin macht geltend, dass Sie durch das Vorgehen der Beklagten in unlauterer Weise behindert wird und ihre Namensrechte verletzt sehe. Sie hat daher den Beklagten auf Unterlassung der Benutzung und Einwilligung in die Löschung des Domainnames www.wetteronlin.de sowie Auskunftserteilung in Anspruch genommen und die Feststellung der Schadensersatzpflicht begehrt.

Im ersten Rechtszug am Landgericht Köln wurde die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung hatte keinen Erfolg, da das Berufungsgericht ebenfalls die geltend gemachten Ansprüche unter dem wettbewerbswidrigen Behinderung und auch wegen Verletzung des Namensrechtes der Klägerin subsumierte.

Urteil des Bundesgerichtshofes
Namensrecht

Die Beklagte legte auch dagegen Revision ein und der Bundesgerichtshof hob in dieser jetzigen Entscheidung die Klage bezogen auf die Verletzung das Namensrecht auf. “Der Bundesgerichtshof hat eine für den Namensschutz erforderliche namensmäßige Unterscheidungskraft der Bezeichnung
“wetteronline” verneint, weil es sich um einen rein beschreibenden Begriff handelt. Mit “wetteronline” wird der Geschäftsgegenstand der Klägerin bezeichnet, “online” Informationen und Dienstleistungen zum Thema “Wetter” anzubieten.”
Wettbewerbsrecht
Weiterhin hat der Bundesgerichtshof angenommen, dass die “konkrete Benutzung der “Tippfehler-Domain” unter dem Gerichtspunkt des Abfangens von Kunden gegen das Verbot unlauterer Behinderung gemäß § 4 Nr. 10 UWG verstößt, wenn der Nutzer sauf der sich öffnenden Internetseite nicht sogleich und unübersehbar auf den Umstand hingewiesen wird, dass er sich nicht auf der Seite wetteronline.de befinde.”
Die beantragte Löschung der Domain aus unlauterem Wettbewerb verneinten die Richter des I. Zivilsenates, da “eine rechtlich zulässige Nutzung denkbar ist und die bloße Registrierung des Domainnamens die Klägerin nicht unlauter behindert“.

Quelle:
Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes Nr. 010/2014 vom 22.01.2014

Rechtszug:
Urteil vom 22. Januar 2014 – I ZR 164/12 – wetteronline.de
LG Köln – Urteil vom 9. August 2011 – 81 O 42/11, juris
OLG Köln – Urteil vom 10. Februar 2012 – 6 U 187/11,  WRP 2012, 989

 

[OLG] Recht der Zivilgerichte auf Einsichtnahme in Akten über Kartellordungswidrigkeiten

Fraglich war inwieweit ein Zivilgericht, an welchem ein kartellrechtlicher Schadensersatzprozess (Kartellrechtsverstoß begründender Schadensersatzanspruch) geführt wird Akteneinsicht in die Akten der aktenführenden Staatsanwaltschaft im Rahmen derer Ermittlungen erhalten kann.

Das OLG Hamm entscheid, dass geschäftliche Informationen über Kartellanten einem Zivilgericht über die Akteneinsicht bei der aktenführenden Staatsanwaltschaft beantragt werden dürfen und diese die Akte auch im Wege der Akteneinsicht aushändigen darf. Dies ist auch möglich, wenn dem Kartellanten in Kronzeugenprogramm Vertraulichkeit zugesichert wurde.

Die Gründe liegen darin, dass sich zunächst die aktenführende Staatsanwaltschaft gemäß §§ 474ff. StPO für die Gewährung der Akteneinsicht rechtmäßig entschieden hat.
Im Unterschied zu der Akteneinsichtsantrag einer Partei für den Zweck der Rechtspflege unterliegen dem Antrag auf Akteneinsicht einer Justizbehörde geringere Regelungen. Die Prüfung, ob die Kenntnis über den Akteninhalt erforderlich ist unterliegt in diesem Fall der anfordernden Stelle und nicht der ersuchten Stelle. Also obliegt die Prüfung des Zivilgerichtes und nicht der Staatsanwaltschaft. Die aktenführende Stelle überprüft lediglich, ob das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben des Empfängers liegt. Im vorliegenden Fall war dies gegeben.

Das Zivilgericht hat dementsprechend nach Übersendung der Akte selbstständig zu prüfen, wie die erlangten Daten im Zivilprozess unter Berücksichtigung der schützenswerten Interessen des verklagten Kartellanten zu verwenden sind.

Die Kronzeugenregelung verändert die Informationen an sich nicht, sondern hat nur Auswirkungen auf die Verwendung dieser, in dem Rahmen, dass eine Vertraulichkeit durch die Einlassung einer Person, die an der Ordnungswidrigkeit Beteiligten.
Der grundsätzlich dem Kartellanten zustehendes Recht auf den Schutz seiner Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und die informelle Selbstbestimmung rechtfertigen als allgemeine Schutznormen nicht die Verwehrung der Akteneinsicht eines Gerichtes. Genau diese Rechtspositionen sind regelmäßig bei den Anträgen der Akteneinsicht betroffen.
Im konkreten Fall waren die Informationen mehr als zehn Jahre alt, der Kartellant hat keine gegenteiligen stichhaltigen Argumente eingebracht und Informationen aus denen sich ein möglicher Kartellrechtsverstoß ergeben sind gerade keine schützenswerten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.

 

Urteil: OLG Hamm vom 26.11.2013, 1 VA 116/13
Volltextentscheidung:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2013/1_VAs_116_13_120_13_und_122_13_Beschluss_20131126.html