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[OLG] Recht der Zivilgerichte auf Einsichtnahme in Akten über Kartellordungswidrigkeiten

Fraglich war inwieweit ein Zivilgericht, an welchem ein kartellrechtlicher Schadensersatzprozess (Kartellrechtsverstoß begründender Schadensersatzanspruch) geführt wird Akteneinsicht in die Akten der aktenführenden Staatsanwaltschaft im Rahmen derer Ermittlungen erhalten kann.

Das OLG Hamm entscheid, dass geschäftliche Informationen über Kartellanten einem Zivilgericht über die Akteneinsicht bei der aktenführenden Staatsanwaltschaft beantragt werden dürfen und diese die Akte auch im Wege der Akteneinsicht aushändigen darf. Dies ist auch möglich, wenn dem Kartellanten in Kronzeugenprogramm Vertraulichkeit zugesichert wurde.

Die Gründe liegen darin, dass sich zunächst die aktenführende Staatsanwaltschaft gemäß §§ 474ff. StPO für die Gewährung der Akteneinsicht rechtmäßig entschieden hat.
Im Unterschied zu der Akteneinsichtsantrag einer Partei für den Zweck der Rechtspflege unterliegen dem Antrag auf Akteneinsicht einer Justizbehörde geringere Regelungen. Die Prüfung, ob die Kenntnis über den Akteninhalt erforderlich ist unterliegt in diesem Fall der anfordernden Stelle und nicht der ersuchten Stelle. Also obliegt die Prüfung des Zivilgerichtes und nicht der Staatsanwaltschaft. Die aktenführende Stelle überprüft lediglich, ob das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben des Empfängers liegt. Im vorliegenden Fall war dies gegeben.

Das Zivilgericht hat dementsprechend nach Übersendung der Akte selbstständig zu prüfen, wie die erlangten Daten im Zivilprozess unter Berücksichtigung der schützenswerten Interessen des verklagten Kartellanten zu verwenden sind.

Die Kronzeugenregelung verändert die Informationen an sich nicht, sondern hat nur Auswirkungen auf die Verwendung dieser, in dem Rahmen, dass eine Vertraulichkeit durch die Einlassung einer Person, die an der Ordnungswidrigkeit Beteiligten.
Der grundsätzlich dem Kartellanten zustehendes Recht auf den Schutz seiner Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und die informelle Selbstbestimmung rechtfertigen als allgemeine Schutznormen nicht die Verwehrung der Akteneinsicht eines Gerichtes. Genau diese Rechtspositionen sind regelmäßig bei den Anträgen der Akteneinsicht betroffen.
Im konkreten Fall waren die Informationen mehr als zehn Jahre alt, der Kartellant hat keine gegenteiligen stichhaltigen Argumente eingebracht und Informationen aus denen sich ein möglicher Kartellrechtsverstoß ergeben sind gerade keine schützenswerten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.

 

Urteil: OLG Hamm vom 26.11.2013, 1 VA 116/13
Volltextentscheidung:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm/j2013/1_VAs_116_13_120_13_und_122_13_Beschluss_20131126.html

[Buchtipp] Rechtsfälle zum Wettbewerbs- und Kartellrecht

Wettbewerbs- und KartellrechtWettbewerbs- und Kartellrecht Prüfe dein Wissen

Hans-Peter Schwintowski

5. Auflage, 2013 mit 210 Seiten

CH Beck Verlag, ISBN  978-3-406-63268-6

24,90 €

 

 

 

 

 

 

Dieses vorliegende Werk ist ein Buch aus der Reihe Prüfe dein Wissen aus dem CH Beck Verlag mit dem Titel Wettbewerbs- und Kartellrecht. Verfasser des Fallbuches ist Professor Dr. Hans-Peter Schwintowski von der Humboldt-Universität Berlin.

Das Lehrbuch besitzt 210 Seiten und behandelt in zwei großen Kapiteln die beiden die beiden Rechtsgebiete. Die beiden Kapitel „Das Recht gegen den unlauteren Wettbewerb“ und „Das Recht gegen die Wettbewerbsbeschränkungen“ sind vergleichbar aufgebaut. Beide beginnen jeweils mit den Grundlagen und enden im spezielleren Kapiteln wie der vergleichbaren Werbung (§ 6 UWG) im ersten Kapitel und der Europäischen Fusionskontrolle in zweiten Kapitel.

Nach dem einseitigen Inhaltsverzeichnis folgt ein vier seitiges Abkürzungsverzeichnis mit den wichtigsten allgemeinen und für dieses Rechtsgebiet spezielleren Abkürzungen. Im Anschluss folgt ein zwei seitiges Literaturverzeichnis

Jedes Kapitel besitzt grau unterlegte Abschnitte, die von Beginn bis zum Ende durchnummeriert sind. Nach jedem grau unterlegten Abschnitt sind Erläuterungen des Autors, die zu Beginn des Buches kürzer und zum Ende des Buches länger sind.

Das Lehrbuch besitzt keine Fußnoten um Aussagen zu belegen. Der Autor belegt wichtige Stellen mit Urteilen und Gesetzen, die in Klammern nach dem jeweiligen Absatz angefügt sind. Für diese Art des Lehrbuches an Hand von Rechtsfällen, die mit Fragen und Antworten beantwortet werden, sind Fußnoten nicht sehr wichtig. Als Ergänzung schlägt der Verlag das Kurz-Lehrbuch Kartellrecht von Emmerich vor.

 

Raphael Köllner