Microsoft Verträge nur als Worddatei ?

Seit ungefähr 6 Jahren gibt es immer und immer wieder die Diskussion, dass teilweise Vertragsdokumente “nur” als Word-Datei zur Verfügung gestellt werden. Konkret geht es um die Standardverträge zwischen Microsoft und dem Kunden. Als Beispiel können die Microsoft Online Service Terms (OSTs) und die Product Terms (PT) genannt werden. Ersteres wird in diesem Beitrag beleuchtet. 

Einleitung – Verträge im digitalen Business

In Deutschland genießen wir zunächst die Vertragsfreiheit, die wiederum in Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz geschützt und Ausdruck der Privatautonomie ist. Es gibt nur wenige Bereiche in denen diese beispielsweise durch ein Schriftformerfordernis eingeschränkt wird.

Einfach ausgedrückt ist es so, dass wir Verträge schließen können und dürfen, wie es uns beliebt. Ob wir beim Bäcker nur verschlafen nicken und 5 Brötchen bezahlen oder per Handschlag auf dem Markt 1 Kiste Orangen erwerben oder ob wir mit aufschiebender Bedingung einen Laptop kaufen. Erstmal herrscht Vertragsfreiheit und dies ist auch gut so. 

Verträge werden heutzutage jedoch nicht mehr, wie vor 20 Jahren offline gemeinsam und in einem Raum geschlossen oder mit Blut besiegelt. Man unterschrieb Verträge in Anwesenheit aller Parteien und paraphierte jede Seite. Im Anschluss bekam jede Partei eine oder mehrere Exemplare und eines wurde bei einem Notar hinterlegt. 

Dies passiert heute ebenfalls noch, beispielsweise bei dem Erwerb eines Unternehmens, Verträgen, die eine Partnerschaft zwischen Unternehmen regeln oder eben Verträgen mit einen hohem Wert, bzw. Risiko. Dazu gehört auch immer eine eigens gestaltete Präambel, die den Willen der Parteien zum Vertragsschluss festhält und gegebenenfalls beim einem Gerichtsverfahren herangezogen werden kann, um bestimmte Klausen auszulegen. 

Aber wäre so ein Verfahren bei einem App kauf im Apple, Google Play oder Microsoft Store denkbar? Denken wir hier einfach einen Schritt weiter und dieses Verfahren müsste für jeden Amazon Einkauf gelten, da wäre man mehr mit der Bürokratie beschäftigt, als heute die Bestellung, Lieferung und Aufbau in einem dauert. 

Aus diesem Grund werden und können Verträge auch online geschlossen werden. Damit wird dem Business im Internet und der heutigen Welt Rechnung getragen. Dies ist nicht neu und auch nicht wirklich ungewöhnlich. Gerichte beschäftigen sich seit Jahren mit Ebay Fällen, Abgabe von Willenserklärungen im Internet und vielen spannenden Thematiken, die sich erst durch den Vertragsschluss im Internet ergeben. Auch in den letzten zwei Jahren gab es schon Examensprüfungen, sowie Klausuren an rechtswissenschaftlichen Fakultäten, die einen Vertragsschluss im Internet zur Grundlage hatten oder zumindest bei einer Übereignungskette  (Sachenrecht) als Teil der Prüfung. 

Die Thematik ist in weiten Teilen durchgeurteilt und sollte keine große Problematik mehr darstellen. Dazu kommen etliche Doktorarbeiten und Aufsätze von qualifizierenden Unterschriften/ digitalen Unterschriften & Signaturen. Hier nur einmal die Doktorarbeit von Prof. Dr. Borges aus Saarbrücken genannt und diese ist schon über 15 Jahre alt. 

Aber dennoch gibt es immer die gleichen Fragen, die auch mich erreichen. Deshalb einmal für Office 365 als Beispiel:

Microsoft Office 365 – Vertragsschluss

Um Office 365 zu erhalten gibt es verschiedenste Möglichkeiten:

Consumer

  • Direktbezug über die Microsoft Webseite mit der eigenen Kreditkarte
  • Indirekter Bezug über einen Microsoft Partner wie z.B. die Telekom
  • Indirekter Bezug offline -> Saturn, Media Markt, BestBuy und viele andere

Unternehmen

  • Direktbezug über die Microsoft Webseite mit der eigenen Kreditkarte
  • Indirekter Bezug über einen Microsoft Partner wie z.B. die Telekom AG, ALSO, Alegri | devoteam oder auch Comparex
    Als Bespiel seinen mal die beiden Varianten genannt:

    • per Enterprise Agreement 
    • über einen CSP Partner 

Damit kann festgestellt werden, dass Consumer in der Regel offline oder direkt im Internet den Vertrag schließen. Bei Unternehmen wird der Vertrag in der Regel bei KMUs und einigen Mittelständlern im Internet geschlossen und bei größeren Unternehmen bis hin zum Enterprise Sektor über Microsoft Partner und nicht mehr im Internet.

Vertragskonstrukt: Unternehmen – Microsoft – Microsoft Partner

Beispiel CSP

Unternehmen – Microsoft Partner

  • Supportvertrag
  • ggf. Managed Service Vertrag
  • Lizenzkauf und Bezug der Lizenzen über den Partner von Microsoft Irland (Regel: Verwaltung durch den Partner, der Lizenzen hinzu und raus buchen kann)

Unternehmen – Microsoft 

Trotz des Vertrags zwischen dem Unternehmen und dem Microsoft Partner, welcher der direkte Ansprechpartner ist, wird ein Teil der Verträge des Vertragsbündels zwischen Microsoft und dem Kunden direkt geschlossen. 

Direkt geschlossen werden in der Regel folgende Verträge. Je nach Produkt können Anpassungen passieren. Diese bitte mit dem Microsoft Partner und ihrem Anwalt des Vertrauens absprechen.

  • Product Terms
  • Online Service Terms
  • Service Provider Use Rights (SOUR)
  • Service Level Agreements for Microsoft Online Services (SLA)
  • ISV EULAs and Product List
  • M434 (M Zusatzverträge)
  • Microsoft Vertriebsvertag mit der Microsoft Deutschland GmbH
  • weitere 

Diese Verträge können hier eingesehen und auch selbstständig runtergeladen werden. Eigentlich sollten diese von dem Microsoft Partner immer mitgeliefert werden, aber diesbezüglich tun sich einige etwas schwer. 

https://www.microsoft.com/en-us/licensing/product-licensing/products

Hierzu gibt es von mir auch einen Hinweis zur Erleichterung des Vergleichs der Verträge mit Word, da diese fast jeden Monat hier neu Versionen erscheinen. 

Word ? .pdf? Welches Format?  – “OST”

Es steht die Frage im Raum, ob das Format in welchem die Microsoft Online Service Terms geliefert werden wichtig ist. Deshalb klären wir einmal die Anforderungen an einen Vertrag, der auch nur mündlich oder per Handschlag geschlossen werden kann, wenn die Parteien sich einig über die Essentialia negotii (Mindestmaß für einen Vertragstypen: wichtige Vertragsbestandteile, z.B. Preis, Menge, Eigenschaft der Ware) sind. 

Neben den gesetzlichen Anforderungen werden folgende Anforderungen in der Regel mitgegeben: 

  • schriftlich
  • unveränderbar
  • offline Unterschriften aller Parteien
  • Personen, die unterschreiben, sollen Vertretungsvollmacht besitzen
  • jede Seite mit der Paraphe versehen
  • Seiten zusammen tackern, so dass keine Seite hinzugefügt oder entfernt werden kann
    (man sieht es oft an den Löchern in der Seite)
  • Hinterlegung beim Notar, so dass keine Seite hinzugefügt oder entfernt werden kann-

Nun schauen wir uns die OST einmal an: 

  • schriftlich
    • Worddatei
    • kann gedruckt und abgeheftet werden
    • unveränderbar durch Schutz des Inhaltes
  • Unterschrift
    • liegt vor:

Nun stellt sich die Frage: Was ist es für eine Unterschrift? Ist diese Gültig?

Dafür kann man die Doktorarbeit von Prof. Dr. Borges wieder heranziehen oder diverse Urteile. 

Sachverhalt

Es handelt sich hierbei um eine Unterschrift eines Microsoft Mitarbeiters aus Redmond. Die Unterschrift wurde signiert und mit einem Zertifikat von DocuSign versehen. 

Bewertung

Zunächst handelt es sich um eine digitale Unterschrift in einem Word Dokument, die unveränderbar ist:

und als Bild eingefügt wurde. Dies ist oben eindeutig zu sehen. Ebenfalls ist zu sehen, dass es weder verändert, noch ausgetauscht werden kann. Diese Funktionen sind gesperrt. Ebenfalls wäre eine Veränderung sofort erkennbar, denn DocuSign steht als Zertificatsinhaber bereit Fragen zu beantworten. Die Rechtswirksamkeit hat die Firma, auf dessen Basis ihr gesamter Dienst basiert, hier beschrieben: https://www.docusign.de/wie-es-funktioniert/rechtsg%C3%BCltigkeit  Eine Bewertung dieser Äußerungen behalte ich mir für einen weiteren Blogpost vor. 

Um die Unterschrift zu bestimmen hilft bei der Rechtsfindung immer ein Blick ins Gesetz. In diesem Fall schauen wir in § 2 des Signaturgesetzes und finden unter Abs. 3 folgenden Abschnitt:

3. “qualifizierte elektronische Signaturen” elektronische Signaturen nach Nummer 2, die
    a) auf einem zum Zeitpunkt ihrer Erzeugung gültigen qualifizierten Zertifikat beruhen und
    b) mit einer sicheren Signaturerstellungseinheit erzeugt werden,

Ergebnis:  Es handelt sich um eine “qualifizierte elektronische Signatur”. 

Um es einmal Laienhaft auszudrücken: Eine bessere und sichere elektronische Signatur kennt das Gesetz  nicht.

Berechtigung von Rajeh Jha

Dann könnte noch der Microsoft Mitarbeiter nicht vertretungsberechtigt sein. Eine kurze Suche mit der Suchmaschine eurer Wahl führt zu folgender Webseite: LINK

Auf dieser wird Rajeh Jha (news.microsoft.com/exec/rajesh-jha/) als Microsoft Vice President of Microsoft Experience and Device Group genannt. Er leitete unter anderem die Office Product Group.

Damit ist es erstmal nicht offensichtlich, dass er keine Vertretungsvollmacht besitzt. 

Auf meine Rückfrage bei einem anderen Vice Presidenten von Microsoft vor einigen Wochen, wurde mir bestätigt, dass es die Person gibt und er auch mit ihm schon in etlichen Meetings gesessen hat. 

Ergebnis: Rajeh Jah ist vertretungsberechtigt. 

Gesamtergebnis

Das die OST als Word Datei zur Verfügung gestellt bekommen ist nicht schadhaft.

Optimierung des Vertragsbündel

Eine Empfehlung ist es trotz der qualifizierten Unterschrift dennoch eine zusätzliche Unterschrift  inklusive der des Unternehmensvertreters zu bekommen und eine Paraphe auf jeder Seite. Fraglich ist hierbei jedoch, wenn es sich um AGBs handelt, nämlich um ein Vertragsteil §§ 305ff. BGB der für eine Vielzahl von Verträgen einseitig verwendet wird, dann werden die zusätzlichen Unterschriften und er Austausch der Dokumente auch nicht benötigt. Dieser Aufwand wird in der Regel nur beim Hauptvertrag gemacht, da die AGBs (Allgemeine Geschäftsbedingungen) als “Anlage” zum Vertrag dienen.