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§312g – 1.08.2012

 Pflichten im elektronischen Rechtsverkehr

Seit gestern gilt der veränderte §312g Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Bei dem § 312g BGB handelt es um eine Bestimmung der Pflichten eines Unternehmens, welches sich im elektronischen Rechtsverkehr bedient, um Dienstleistungen zu erbringen.  Am nächsten Wochenende werde ich einen längeren Post schreiben und Euch die Änderungen verständlich näherbringen.

Wer nicht warten will, kann sich auf dieser Webseite schon einmal informieren. Die Änderungen sind am Ende der Webseite sehr gut dargestellt:
http://lexetius.com/BGB/312g

IT im Rechtssystem

 

Die IT in Verbindung mit dem Justizsystem ist schon seid einigen Jahren ein stark diskutiertes Thema.

Erst vor wenigen Stunden forderte der zustänige EU-Kommissar, dass die öffentliche Verwaltung zu einem Hauptabnehmer von Clouddiensten werden soll, damit so schnell wie möglich einheitliche Standards entwicklet und etabliert werden.

Nun schauen wir uns doch Teile unseres Rechtssystem im Hinblick auf diese Forderung an:

Behördengänge
Viele Behördengänge können zurzeit schon über das Internet abgewicklet werden. Die Polizei in NRW besitzt ebenfalls seit einigen Jahren eine Webseite, auf der Opfer und Zeugen Straftaten anzeigen können. Diese werden an die richtigen Dienststellen und Sachbearbeiter weitergeleitet.

Ein Richter beeindruck
Eine weitere Neuerung sind Dikitierprogramme, die auf Laptops installiert sind. Viele Anwälte nutzen diese bereits, um den immer größer werdenden Schriftverkehr zu bewältigen. Einige RichterInnen nutzen zurzeit Dikitierprogramme bei ihren mündlichen Verhandlungen. Als diese Systeme aufkamen, war ich beeindruckt, wie ein junger Richter das System unverzüglich einsetzte. Als die mündliche Verhandlung durch ihn beendet wurde, konnten die Parteien das Protokoll wenige Minuten später ausgedruckt mitnehmen. (1996) Normalerweise werden diese Protokolle durch Angestellte des Gerichtes abgetippt und den Parteien per Post zugesandt. Einen Schritt weiter könnte man gehen, wenn der Richter die Unterlagen per Email an die Tablets/Slates der Anwälte versendet hätte.

elektronische Rechtsverfahren?
Eine auch verfahrenstechnische Frage innerhalb des Gerichtsprozesses ist die Frage nach dem reinen elektronisch abgewickelten Verfahren.

Einige Gerichte besitzen durch Verordnungen die Möglichkeit Klagen per Email einzureichen. Für NRW gilt dies zum Beispiel für das AG Olpe. Dort ist eine elektronische Rechtsverordnung erlassen worden. Klagen können so dank Anlage zu § 2 Nr.4 in folgenden Formaten über eine gesicherte Verbindung mit einer HTTPS und SSL3 Verschlüsselung übertragen werden:

Das elektronische Dokument muss eines der folgenden Formate aufweisen:
“a) Adobe PDF (Portable Document Format) b) Microsoft Word c) Microsoft RTF (Rich Text Format) d) HTML (Hypertext Markup Language)  e) XML (Extensible Markup Language) gemäß Definition des W3C (World Wide Web Consortium) f) UNICODE (als reiner Text, ohne Formatierungscodes) g) ASCII (American Standard Code for Information Interchange) als reiner Text ohne Formatierungscode und ohne Sonderzeichen h) TIFF 6.0, CCITT/TTS Gruppe 4”

Die Pläne der Justizministerien sehen vor, dass dies bald an allen Gerichten in Deutschland möglich sein soll.

Kommentar:
Mein Vorschlag wäre eine Einrichtung einer “Private Cloud” bei jedem Landesjustizministerium. Über zum Beispiel eine Office 365 Umgebung mit Accounts für alle Angehörigten des Rechtssystems hätte das System eine Vielzahl von Vorteilen, wenn eine sichere Umgebung ermöglicht wird.
Vorteile (Auszug):

  • Kostenersparnis ( z.B. kein Porto, massiv geringere Telefonkosten, keine Kosten für Fax, geringere Reisekosten für Anwälte)
  • Ökologische Askpekte (z.B. weniger Treibhausgas ausstoß durch weniger Reisen, weniger Papierverbrauch)

Einsatz der Technologie (Beispiele):

  • Lync:  Kommunikation innerhalb des Gerichtes und außerhalb des Gerichtes, zwischen Anwälten und auch Staatsanwälten
  • Exchange-Email Accounts: sichere Emailumgebung, die den elektronischen Rechtsverkehr ermöglicht. Die Identifikation der Sender und Empfänger ist eventuell zusätzlich über die Signatur eines Anwaltsausweises + Passwort eindeutig zuzuordnen.
    Darüber hinaus enthalten alle Kontaktbücher alle Adressen aller RichterInnen, aller Staatsanwälte und aller Anwälte. Die Suche nach Adressen und Daten findet damit ein Ende. Letztlich ist es Möglich über gemeinsame Kalender Partein zu laden und unkompliziert Termine zu verwalten.
  • SharePoint:  benutzerverwaltete Dokumentendatenbank für jedes Verfahren, alle Dokumente sind elektronisch jederzeit abrufbar. Die Akte aus Papier ist damit “von gestern”. Alle Gesetze sind immer in der aktuellsten Fassung abrufbar.

Wer macht uns ein sicheren Einsatz und eine optimale Nutzung der IT im Rechtssystem vor? Genau es sind die europäischen und internationalen Gerichtshöfe. Besonders hervorzuheben ist der internationale Strafgerichtshof. der internationale Gerichtshof und das Jugoslawien Tribunal in Den Haag, die ich bereits mehrfach besuchen konnte.

Als Beispiel schaut Euch bitte die Bilder auf der Webseite des internationalen Strafgerichtshofes an:

Bilder aus dem internationalen Strafgerichtshof:

http://www.icc-cpi.int/nr/exeres/b00f1f2d-cf4b-43fc-868a-46cf498a2dc9.htm
Achtet bitte auf das Bild “public gallery”. Dort sind die Rechner an jedem Sitzplatz zu sehen.

Der Aufbau ist wie folgt:

  • ein Rechner mit Bildschirm an jedem Arbeitsplatz
  • ein Rechner mit Scanner, Videokamera und Grafiktablet für die Unterstützung des Gerichtes ausgestattet

Ablauf:

  • jedes neue Beweismittel wird über einen Scanner digitalisiert
  • jeder Arbeitsplatz sieht in der selben Sekunde das, was alle sehen
  • jeder Arbeitsplatz hat Zugriff auf eine umfangreiche Datenbank mit allen Beweismitteln
  • jeder Arbeitsplatz hat Zugriff auf alle aktuellen Gesetze, Verordnungen, Richtlienen und dies Weltweit
  • Jeder Arbeitsplatz hat verschiedenste Suchmasken, um schnell und effektiv innerhalb weniger Sekunden die entscheidene Information zu finden

Nehmen wir uns ein Vorbild an Europa und versuchen innerhalb der gesetzlichen Vorgaben eine optimierte und effektive Rechtsverwaltung zu etablieren.

 

BGH: Rapidshare oder Rapidstore?

 

Der Bundesgerichtshof verhandelte ein Verfahren zwischen Rapidshare und dem Spielehersteller Atari Europe.

Urteil: Az.: I ZR 18/11

Rechtszug:
LG Düsseldorf  – Klage stattgegeben
OLG Düsselorf – Klage abgewiesen
BGH –  Klage an das Berufungsgericht zurück verwiesen
OLG Düsselorf – Klägerin stellt neue Anträge

Sachverhalt:
Ein User von Rapidshare hatte das von Atari vertriebene Spiel “Alone in the Dark” auf den Server von Rapidshare hochgeladen und öffentlich verfügbar gemacht. Die Klägerin die Atai Europe sieht darin eine Urheberrechtsverletzung und verlangt ein Unterlassen von der Beklagten.

Was ist eigentlich Rapidshare?
Rapidshare ist ein sogenannter File-Hosting-Dienst, der den Usern ermöglicht über die Rapidshare Webseite Daten hochzuladen. Die Daten werden über die Webseite auf einem Server von Rapidshare oder einem von ihnen angemieteten Datenspeicher abgesichert. Rapidshare kennt die Inhalte der Daten nicht. Ohne eine Benutzerregistrierung sind bis zu 200MB Daten hochzuladen und per generierten “Download-Link” für alle frei verfügbar.  Die öffentlichen Inhalte können mit einigen Suchmaschienen durchsucht werden, so dass man diese downloaden kann.

Frage (Rapidshare oder Rapidstore)
Die Frage stellt sich nun in wie weit der Hoster Urheberrechtsverletzungen verfolgen muss und was er tun muss, um auch wirklich alle Inhalte auch anderer User mit gleichem Inhalt zu entfernen.

Problem
Die File-Hosting-Dienste bieten als Dienstleistung nur das Hosting der Daten an. Sie prüfen nicht, welche Inhalte von dem User hochgeladen werden. Eine Prüfung könnte ähnlich zu dem Ring im See zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Hoster führen.

Ähnliche Fragestellungen traten schon bei Ebay auf. Ebay musste nach einer Entscheidung des BGH einen neuen Suchalgorithmus und einige Mitarbeiter einstellen, die effektiv verhindern müssen, dass rechtsradikale Produkte über deren Plattform vertrieben werden. Ich war selber anwesend bei der spannenden Verhandlung.

Urteil und Begründung
Das Urteil ist leider bis zum heutigen Tage noch nicht verfügbar. Laut Pressemitteilung des BGH hatte der Hoster nach der Meldung der Atari Europe die entsprechende Datei unverzüglich gesperrt. Rapdishare hatte es jedoch unterlassen über eine Wortsuche “Alone in the Dark” Inhalte anderer Nutzer ebenfalls auf dem Server befindlich zu finden und zu sperren. Die Inhalte waren weiterhin unter leicht geänderten Namen von dritten Usern öffentlich downloadbar.

Der BGH bemängelt, dass Rapidshare grundsätzlich das technisch und wirtschaftlich Zumutbare  tun muss, ohne ihr Geschäftsmodell zu gefähren, um Urheberrechtsverletzungen, auf die sie aufmerksam gemacht wurden, zu unterbinden.

Verweisung an das OLG Düsseldorf

Die Klägerin erweitere mit einer zweiten Unterlassenserklärung, dass Rapidshare auch Hyperlinks von bestimmten Link-Sammlungen auf die gespeicherten Datein ihres Comupterspiels verhindern muss. Zwar sei Rapidshare nicht Betreiber dieser Link-Sammlungen, aber Sie kann immerhin durch Löschen der Daten, auf die der Link verweist, den Download verhindern.

Der BGH verwies daraufhin das Verfahren zurück an das OLG Düsseldorf, damit die Klägerin alle erweiterten Anträge erneut stellen kann. Verfahrenstechnisch muss die Beweisaufnahme und die dazugehörigen Anträge spätestens im Berufungsgericht eingereicht/gestellt werden. Der Bundesgerichtshof überprüft das Verfahren lediglich und verweist öfter Fälle zurück an das Berufungsgericht, wenn es sich nicht um Fälle mit allgemeiner Belangen handelt oder eine schnelle Entscheidung nötig ist.

 Verfahren in Düsseldorf:
LG Düsseldorf – 12 O 40/09 – Entscheidung vom 24. März 2010

OLG Düsseldorf – I-20 U 59/10 – Entscheidung vom Urteil vom 21. Dezember 2010 Karlsruhe, den, 13. Juli 2012

Eigene Vermutung:
Meines Erachtens wird das Verfahren so ausgehen, dass Rapidshare verurteilt wird und parallel zu dem fast baugleichen Ebay-Fall eine automatische und anonyme Suche für Urheberrechtsverletzungen einführen muss. Diese Suche muss aber nur dann durchgeführt werden, wenn Rapidshare auf einen Verstoß hingewiesen wurde. Das Geschäftsmodell ist gewahrt und der Eingriff verhältnismäßig. Ebenfalls ist es parallel zu ziehen zu Youtube, die auf Hinweis von Urheberrechtsverstößen die Videos + Musik für bestimmte Länder oder komplett sperrt.

Alles wie immer. Wollen wir mal schauen, ob man uns erstaunt und das OLG Düsseldorf mal ein Urteil auspackt, an dem man sich messen lassen kann.

Geltungsdauer von Gutscheinen aus dem Internet

Nach gesetzlichen Vorgaben müssen Gutscheine mindestens 3 Monate gelten. Die Geltungsdauer darf eigentlich nicht unterschritten werden.

Nun laufen seit diesem Jahr einige Verfahren vor deutschen Gerichten mit teilweise unterschiedlichem Ausgang.

Das Berliner Amtsgericht erlaubte die kürzere Laufzeit eines Groupon Gutscheines mit der Begründung, dass die User von Groupon verkehrstypischer Weise von dieser Sonderbedingung wissen.
Das AG Köln hingegen lehnte eine Kürzung ab. In diesem Verfahren verklagte ein Kunde jedoch nicht direkt Groupon, sondern eine Reinigungsfirma, die den Gutschein einstellte.

Ich bleibe für Euch am Gutschein, wie man so schön sagt!