OLG Bautzen 2021 – Mitbestimmung bei der Benutzung von Excel-Tabellen als Verfahrensübersicht

Excel-Tabellen sind ein gängiges Instrument um Daten in Unternehmen zu erheben, zu verarbeiten und auch zu verwalten. Je nach Ausgestaltung können diese eine Pflicht zur Mitbestimmung durch den Betriebs- oder Personalrat auslösen. Mit dieser Frage, ab wann sich diese Pflicht ergibt, hat sich das OLG Bautzen nun beschäftigt.

Gegenstand des Verfahrens

“Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einführung einer Verfahrensübersicht in einer Excel-Tabelle anlässlich der Zusammenlegung der Referate 41 „Siedlungswasserwirtschaft” der Dienststellen der Sächsischen Landesdirektion in C., D. und L. mitbestimmungspflichtig ist.”

“In diesem Zusammenhang wurde in dem Referat eine Excel-Tabelle eingeführt, aus der u. a. die Kurzbezeichnung der zu den dort zu bearbeitenden Verfahren, die Verfahrensart, die internen Ansprechpartner Vollzug und die internen Ansprechpartner Fach sowie Beginn und Ende der Verfahren ersichtlich sind. Aus der Tabelle sollte sich ursprünglich auch das voraussichtliche Datum der Entscheidung ergeben.”

 

Frage

Ist die Einführung einer solchen Excel-Tabelle mitbestimmungspflichtig? 

 

Beschluss

“Der Antragsteller hat keinen Anspruch darauf, über die Einführung der Verfahrensübersicht in einer Excel-Tabelle anlässlich der Zusammenlegung der Referate 41 der Dienststellen C., D. und L. mitzubestimmen.”

 

  • Die Excel-Tabelle ist eine technische Einrichtung nach  § 81 Abs. 2 Nr. 12 SächsPersVG.Hieraus ergebe sich die Dauer der dort zu bearbeitenden Verfahren, ermögliche mithin Aussagen über Verhalten und Leistung der beteiligten Mitarbeiter und lasse Leistungsvergleiche […]. 
  • Die Mitbestimmungspflicht entfalle auch dann nicht, wenn der Antragsgegner die Überprüfung der Leistungen und des Verhaltens der betroffenen Mitarbeiter gar nicht beabsichtige. Allein die objektive Möglichkeit einer Überwachung des Verhaltens oder der Leistung der Bediensteten mit Hilfe der Tabelle reiche für die Annahme der Mitbestimmung für ihre Einführung aus. Mitbestimmungspflichtig werde die technische Auswertung von Leistungs- bzw. Verhaltensdaten dann, wenn die Daten einzelnen Beschäftigten zugeordnet werden könnten

 

  • “Nach der hierzu bestehenden Dienstvereinbarung (DV) dürfte dieses System nicht für Anwesenheits-, Verhaltens- und Leistungskontrollen fruchtbar gemacht werden. Aus der in Rede stehenden Tabelle sei die konkrete Zuweisung von Aufgaben der beteiligten Mitarbeiter nicht erkennbar. Informationen hierzu ließen sich nur durch eine zeitaufwändige Recherche zum jeweiligen Einzelvorgang im elektronischen Vorgangsbearbeitungssystem VIS.SAX ermitteln.”
  • “Auf die Excel-Tabelle hätten der Referatsleiter 41 sowie die in den Referaten 41 tätigen Sachgebietsleitungen in D., C. und L. Zugriff; sie nähmen die Eintragungen in die Übersicht selbst vor. Die Tabelle führe u.a. auf, wer „interner Ansprechpartner Vollzug” und „Ansprechpartner Fach” für das jeweilige Verfahren sei. Bei dem internen Ansprechpartner Vollzug handele es sich um den referatsinternen Mitarbeiter, der über den Stand der Bearbeitung Auskunft geben könne.”

 

  • Nach § 81 Abs. 2 Nr. 12 SächsPersVG hat die Personalvertretung, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, gegebenenfalls durch Abschluss von Dienstvereinbarungen, mitzubestimmen über die Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die objektiv dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen. Dieser Mitbestimmungstatbestand ist vorliegend nicht erfüllt. Die in Rede stehende Excel-Tabelle ist keine technische Einrichtung im Sinne des § 81 Abs. 2 Nr. 12 SächsPersVG.
  • “Schließlich lässt sich ein nachhaltiges Leistungsprofil auch der übrigen Mitarbeiter der jeweiligen Teams aus den Daten der in Rede stehenden Tabelle nicht erstellen. Die Zuständigkeiten der Mitarbeiter des Teams werden dort nicht aufgeführt.”

 

Quelle:

https://www.justiz.sachsen.de/ovgentschweb/documents/20A17.B01.pdf

Abdruck

Az.: 9 A 17/20.PL
9 K 983/19.PL
SÄCHSISCHES
OBERVERWALTUNGSGERICHT
Beschluss
In der Personalvertretungssache
des Personalrats der Landesdirektion Sachsen
vertreten durch die Personalratsvorsitzende
Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz
– Antragsteller –
prozessbevollmächtigt:
beteiligt
der Herr Präsident der Landesdirektion Sachsen
Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz
– Antragsgegner –
wegen
Feststellung und Verletzung von Mitbestimmungsrechten
hier: Beschwerde
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hat der 9. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden
Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Freiherr von Welck, den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein sowie die ehrenamtliche Richterin Eisold und der ehrenamtliche Richter Maurer aufgrund der mündlichen Anhörung
am 7. Oktober 2021
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 6. Dezember 2019 – 9 K 983/19. PL – geändert und der Antrag
des Antragstellers abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einführung einer Verfahrensübersicht in einer
Excel-Tabelle anlässlich der Zusammenlegung der Referate 41 „Siedlungswasserwirtschaft” der Dienststellen der Sächsischen Landesdirektion in C., D. und L. mitbestimmungspflichtig ist.
Nach Auflösung der Landesdirektionen D., L. und C. und der Bildung der Landesdirektion Sachsen wurden die Referate 41 “Siedlungswasserwirtschaft” C., “Siedlungswasserwirtschaft” D. und “Siedlungswasserwirtschaft” L. zu einem Referat zusammengelegt. In diesem Zusammenhang wurde in dem Referat eine Excel-Tabelle eingeführt,
aus der u. a. die Kurzbezeichnung der zu den dort zu bearbeitenden Verfahren, die
Verfahrensart, die internen Ansprechpartner Vollzug und die internen Ansprechpartner
Fach sowie Beginn und Ende der Verfahren ersichtlich sind. Aus der Tabelle sollte sich
ursprünglich auch das voraussichtliche Datum der Entscheidung ergeben. Von einer
Einfügung einer entsprechenden Spalte in der Tabelle sah der Antragsgegner im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem Antragsteller um die Frage ab, ob die Einführung
der Excel-Tabelle mitbestimmungspflichtig sei. Konsens hierüber haben die Beteiligten
in den Jahren 2018/2019 nicht erzielt.
Auf Antrag des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht Dresden den Antragsgegner
mit Beschluss vom 6. Dezember 2019 verpflichtet, das Mitbestimmungsverfahren nach
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§ 81 Abs. 2 Nr. 12 SächsPersVG anlässlich der Zusammenlegung der Referate 41 der
Dienststellen C., D. und L. im Zusammenhang mit der Einführung einer Verfahrensübersicht mit Wirkung vom 30. Juni 2018 durchzuführen, und hat zur Begründung ausgeführt:
Der zulässige Antrag sei begründet. Mit der in Rede stehenden Excel-Tabelle sei im
Referat 41 eine technische Einrichtung im Sinne von § 81 Abs. 2 Nr. 12 SächsPersVG
eingeführt worden. Hieraus ergebe sich die Dauer der dort zu bearbeitenden Verfahren,
ermögliche mithin Aussagen über Verhalten und Leistung der beteiligten Mitarbeiter
und lasse Leistungsvergleiche zwischen den in D., L. und C. tätigen Arbeitsgruppen
zu. Dieser Annahme stünde nicht der Umstand entgegen, dass neben den in der Tabelle genannten Mitarbeitern noch weitere Mitarbeiter bei der Erledigung der Verfahren
mitwirkten. Die Mitbestimmungspflicht entfalle auch dann nicht, wenn der Antragsgegner die Überprüfung der Leistungen und des Verhaltens der betroffenen Mitarbeiter gar
nicht beabsichtige. Allein die objektive Möglichkeit einer Überwachung des Verhaltens
oder der Leistung der Bediensteten mit Hilfe der Tabelle reiche für die Annahme der
Mitbestimmung für ihre Einführung aus. Mitbestimmungspflichtig werde die technische
Auswertung von Leistungs- bzw. Verhaltensdaten dann, wenn die Daten einzelnen Beschäftigten zugeordnet werden könnten. Dies könne bei der Bewertung von Gruppenleistungen der Fall sein, wenn die Gruppe – wie hier – nach Größe, Organisation und
Art ihrer Tätigkeit so beschaffen sei, dass schlechte Leistungen einzelner Mitarbeiter
bestimmbar blieben.
Die Einführung der Tabelle diene nach eigenen Angaben des Antragsgegners der
Steuerung des Referats; dementsprechend ginge der Antragsgegner selbst davon aus,
dass hiermit die Erfassung von Leistungsdaten von Bediensteten beabsichtigt sei.
Nach Angaben des Antragsgegners sollten die in Rede stehenden Daten aus der Tabelle nur den Referats- und den Sachgebietsleitern zugänglich sein; dies ändere aber
nichts daran, dass die Tabelle die Überwachung der Mitarbeiter ermögliche, wovor das
streitgegenständliche Mitbestimmungsrecht die Mitarbeiter gerade schützen solle. Des
Weiteren sei die Einführung der in Rede stehenden Tabelle auch nicht deswegen mitbestimmungsfrei, weil dort die Angabe von Aktenzeichen nicht vorgesehen sei, die eine
Zuordnung der Verfahren zu den Bearbeitern leichter machen würden. Dass die Mitarbeiter keine Angaben mehr zu dem voraussichtlichen Entscheidungszeitpunkt machen
müssten, ändere an der Mitbestimmungspflicht der Maßnahme ebenfalls nichts.
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Sinn und Zweck des streitgegenständlichen Mitbestimmungsrechts sei es, durch die
Einschaltung des Personalrats die Dienstkräfte vor unverhältnismäßiger, in ihrem Ausmaß nicht zu durchschauender Überwachung zu schützen. Eine solche undurchschaubare Überwachungsmöglichkeit resultiere hier insbesondere aus dem Einsatz der
Computertechnik. Denn es sei ohne den Einsatz besonderer Computerkenntnisse
möglich, die in der streitgegenständlichen Verfahrensübersicht enthaltenen Daten beispielsweise mit Hilfe eines Makros zu interpretieren. Die durch das Programm ausgelösten Befürchtungen der Dienstkräfte durch fachkundige Aufklärung zu zerstreuen, sei
Sache des Mitbestimmungsverfahrens.
Gegen den dem Antragsgegner am 19. Dezember 2019 zugestellten Beschluss des
Verwaltungsgerichts hat er unter dem 8. Januar 2020 hiergegen Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung macht er u. a. geltend:
Die Auffassung des Verwaltungsgerichts treffe nicht zu. Die in Rede stehende ExcelTabelle sei nicht nach § 81 Abs. 2 Nr. 12 SächsPersVG mitbestimmungspflichtig. Sie
sei nicht geeignet, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen.
Hierzu müssten in der Übersicht an sich oder in Verknüpfungen mit der Übersicht Daten
enthalten sein, die eine Verhaltens- oder Leistungsüberwachung überhaupt ermöglichen könnten. Dies sei jedoch nicht der Fall.
In der Landesdirektion Sachsen komme für die IT-gestützte Vorgangsbearbeitung
VIS.SAX zur Anwendung. Nach der hierzu bestehenden Dienstvereinbarung (DV)
dürfte dieses System nicht für Anwesenheits-, Verhaltens- und Leistungskontrollen
fruchtbar gemacht werden. Aus der in Rede stehenden Tabelle sei die konkrete Zuweisung von Aufgaben der beteiligten Mitarbeiter nicht erkennbar. Informationen hierzu
ließen sich nur durch eine zeitaufwändige Recherche zum jeweiligen Einzelvorgang im
elektronischen Vorgangsbearbeitungssystem VIS.SAX ermitteln. Eine Verknüpfung
der Daten im VIS.SAX, die eine Verhaltens- oder Leistungsüberwachung oder -bewertung ermöglichen könnten, sei mit der Übersicht schon technisch nicht möglich. Ein
händisches Übertragen der im VIS.SAX gewonnenen Daten in die Übersicht setze
voraus, dass die streitgegenständliche Übersicht erheblich erweitert werden würde,
und verstieße gegen die DV VIS.SAX. Zur Bewertung einer Gruppenleistung müssten
Angaben herangezogen werden, die sich gerade nicht aus der streitgegenständlichen
Übersicht, sondern allenfalls aus VIS.SAX ergeben könnten. Dies wäre jedoch – wie
ausgeführt – rechtlich unzulässig.
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Die Bearbeitung der im Referat 41 anhängigen Verfahren erfolge in der Regel durch
ein Team von Mitarbeitern. Das Arbeitsaufkommen sei je nach Verfahren höchst individuell und würde in der Tabelle nicht erfasst. Die Erfassung von individuell zurechenbaren Leistungsparametern sei nicht möglich. An der Erledigung der anhängigen Verfahren könnten Volljuristen, Verwaltungsfachwirte, Ingenieure, Naturwissenschaftler
und Bürosachbearbeiter beteiligt sein. Dies hänge von den Anforderungen der Verfahren ab. Auch wenn die Verfahren thematisch vergleichbar seien, könnten verschiedene
Bedienstete an deren Bearbeitung beteiligt sein, wobei die Beiträge der Mitarbeiter
auch in diesem Fall sehr unterschiedlich sein könnten. Die Excel-Tabelle ermögliche
damit keine umfassende Analyse des Aufgabenportfolios und lasse demnach eine individuelle Leistungsüberwachung nicht zu. Selbst formal gleich bezeichnete Verfahren
seien bezüglich des Bearbeitungsaufwands höchst unterschiedlich.
Auf die Excel-Tabelle hätten der Referatsleiter 41 sowie die in den Referaten 41 tätigen
Sachgebietsleitungen in D., C. und L. Zugriff; sie nähmen die Eintragungen in die Übersicht selbst vor. Die Tabelle führe u.a. auf, wer „interner Ansprechpartner Vollzug” und
„Ansprechpartner Fach” für das jeweilige Verfahren sei. Bei dem internen Ansprechpartner Vollzug handele es sich um den referatsinternen Mitarbeiter, der über den
Stand der Bearbeitung Auskunft geben könne. Bei dem internen Ansprechpartner Fach
handele es sich um den referatsinternen Mitarbeiter, der zu den in der Regel naturwissenschaftlichen Fachfragen Auskunft erteilen könne. Die Auswahl der Ansprechpartner
erfolge in der Regel bei Beginn des Verwaltungsverfahrens. Sie hätten Fragen der Referats- und Sachgebietsleiter zu den Verfahren beantworten und könnten zudem auch
die Federführung für die jeweiligen Verfahren haben, müssten es aber nicht. Ansprechpartner könne auch eine Bürosachbearbeiterin, ein Referententeam aber für den Fortgang des Verfahrens verantwortlich sein. Die Excel-Tabelle diene der Referatsleitung,
einen Überblick über den Stand der jeweiligen Verfahren im Referat zu erhalten. Die
Eintragungen in die vorgesehenen Spalten würden in der Regel von dem federführend
zuständigen Mitarbeiter im Referat vorgenommen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 6. Dezember 2019 – 9 K
983/19.PL – abzuändern und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen.
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Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht u. a. geltend: Das Verwaltungsgericht habe zutreffend die Voraussetzungen der Mitbestimmung nach § 81 Abs. 2 Nr. 12
SächsPersVG bejaht. Der Antragsgegner übersehe, dass ein Mitbestimmungstatbestand hier nicht wegen der Daten selbst erfüllt sei, sondern wegen ihrer IT-Verknüpfbarkeit. Der Antragsgegner selbst habe eingeräumt, dass die Daten eine Überwachung
ermöglichten, wenn ein erheblicher Zeitaufwand in Kauf genommen werde. Die Behauptung, eine Verknüpfung der Daten fände nicht statt, sei nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Indem der Antragsgegner behaupte, dass die Übersicht die im Referat 41 anhängigen Verfahren aufführe, bei denen Amtshandlungen
erforderlich seien, räume er gleichsam ein, dass die aktuellen Verfahrensstände den
betroffenen Bediensteten zuzuordnen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des
Antragstellers zu Unrecht stattgegeben; der Antrag ist unbegründet. Der Antragsteller
hat keinen Anspruch darauf, über die Einführung der Verfahrensübersicht in einer
Excel-Tabelle anlässlich der Zusammenlegung der Referate 41 der Dienststellen C.,
D. und L. mitzubestimmen.
Nach § 81 Abs. 2 Nr. 12 SächsPersVG hat die Personalvertretung, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, gegebenenfalls durch Abschluss von
Dienstvereinbarungen, mitzubestimmen über die Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die objektiv dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung
der Beschäftigten zu überwachen. Dieser Mitbestimmungstatbestand ist vorliegend
nicht erfüllt. Die in Rede stehende Excel-Tabelle ist keine technische Einrichtung im
Sinne des § 81 Abs. 2 Nr. 12 SächsPersVG.
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat im Beschluss vom 17. Januar 2019 (- 8 A
677/18. PB-, juris Rn. 25) bereits zu technischen Einrichtungen im Sinne des § 75
Abs. 3 Nr. 17 BPersVG wie folgt ausgeführt:
„Eine technische Einrichtung in diesem Sinn ist eine Anlage oder ein Gerät, das
unter Verwendung nicht menschlicher, sondern anderweitig erzeugter Energie
mit den Mitteln der Technik, insbesondere der Elektronik, eine selbstständige
Leistung erbringt (Rehak, in: Lorenzen u. a., Bundespersonalvertretungsgesetz,
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Loseblattsammlung Stand: Juli 2018, § 75 Rn. 678 m. w. N.). Hierunter fallen
Datenverarbeitungssysteme, wenn damit einzelnen Beschäftigten zuzuordnende Verhaltens- oder Leistungsdaten ausgewertet werden können (BVerwG,
Beschl. v. 12. Oktober 1989 – 6 P 9/88 -, juris Rn. 15). Der Mitbestimmungstatbestand erstreckt sich auch auf solche Einrichtungen, die zur Überwachung lediglich objektiv geeignet sind, ohne dass der Dienststellenleiter bei ihrer Einführung und Anwendung subjektiv die Absicht hat, sie zu diesem Zweck einzusetzen (BVerwG, Beschl. v. 23. September 1992 – 6 P 26/90 -, juris Rn. 27 m. w.
N.).
Für die Bejahung der objektiven Eignung zur Überwachung von Verhalten oder
Leistung der Beschäftigten reicht es aus, wenn die leistungs- und verhaltensbezogenen Daten nicht von der Einrichtung selbst erhoben, sondern ihr etwa
aufgrund der von den Beschäftigten erstellten Tätigkeitsberichte zur Speicherung und Verarbeitung eingegeben werden (BVerwG, Beschl. v. 16. Dezember
1987 – 6 P 32/84 -, juris Rn. 23). Damit ist auch die mittelbare Datenerfassung
von dem Begriff der technischen Einrichtung erfasst (Rehak, a. a. 0. Rn. 195b
m. w. N.).
Somit stellt auch die bloße technisierte Auswertung von Leistungs- und Verhaltensdaten der Beschäftigten, die nicht vom System selbst, sondern auf andere
Weise erhoben worden sind, bereits eine Überwachung dar (SächsOVG, Beschl. v. 27. April 2016 – 9 B 368/15.PL -, juris Rn. 10 ff.).
Unter der Einführung einer technischen Einrichtung sind nicht nur die erstmalige
Installierung, sondern auch deren Vernetzung mit bereits vorhandenen Anlagen
und generell alle Maßnahmen, die zur Vorbereitung der Anwendung von Überwachungseinrichtungen geeignet sind, zu verstehen (Sommer, in: llbertz/Wiedmaier/ders. Bundespersonalvertretungsgesetz, 14. Aufl. 2018, § 75 Rn. 197 m.
w. N.). Dasselbe gilt für eine Änderung einer technischen Einrichtung, indem
die Kontrolle gegenständlich erweitert oder eine andere Art und Weise der
Überwachung eingeführt wird (BVerwG, Beschl. v. 13. August 1992 – 6 P 20/91,
juris Rn. 29 m. w. N.).
Hiervon ausgehend ist mit der Erstellung der als Fachprogramm zur Verfügung
stehenden Excel-Tabelle und den dortigen Eintragungen eine technische Einrichtung i. S. v. § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG eingeführt worden. Denn damit
werden die Zugriffsmöglichkeiten auf die Kunden- und damit auch auf die Mitarbeiterdaten, die bereits jetzt schon über das Programm VerblS möglich sind,
in ihrer Zielrichtung verändert. Mit der Tabelle werden die sonst ungeordnet zur
Verfügung stehenden Daten bei VerblS auf zehn konkrete Fälle monatlich reduziert, in denen die Teamleiter eine Analyse des Integrationsprozesses vorgenommen und damit auch das Mitarbeiterverhalten bewertet haben. Hierdurch
ist es den jeweiligen Vorgesetzten möglich, anhand der von den Teamleitungen
ausgewählten und anhand des Fragenkatalogs aufgearbeiteten Fälle eine zielgerichtete Überprüfung des Mitarbeiterverhaltens vorzunehmen. Damit unterscheidet sich die Sachlage wesentlich von der Sachlage, die bisher gegeben
war. Denn bisher war es nur möglich, ohne eine entsprechende Aufbereitung
selbst eine eigenständige Überprüfung und Bewertung von nach einem Zufallsprinzip ausgewählten Fällen vorzunehmen. Es handelt sich der Sache nach um
eine in ihrer Art und Weise erweiterte Möglichkeit der Mitarbeiterüberwachung.
Dass die in die Tabelle einzutragenden Erkenntnisse eine Bewertung von Mitarbeiterverhalten betreffen, ergibt sich unter Heranziehung des Fragenkatalogs
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(Anlage 2 zur ursprünglichen Weisung vom 22. Mai 2017, S. 86 ff. der Gerichtsakte; die Anlage 2 zur Weisung vom 20. Oktober 2017 entspricht dieser Anlage): So ist zu bewerten, ob die Handlungserfordernisse unverzüglich angegangen wurden, einschließlich gegebenenfalls sinnvoller Vermittlungsaktivitäten (Frage 2). Es soll darüber hinaus bewertet werden, ob mit dem Kunden in
angemessenem Abstand Beratungsgespräche geführt und in den Folgegesprächen relevante Sachverhalte aus den Vorgesprächen aufgegriffen wurden (Fragen 3 und 4). Es soll analysiert werden, ob alle identifizierten Handlungserfordernisse systematisch bearbeitet wurden (Frage 6). Die abschließende Betrachtung soll darauf gerichtet sein, ob das Handeln im Betrachtungszeitraum
zielführend zur Erhöhung der Integrationschancen gewesen war. Alle diese Fragen zielen damit auch auf eine Bewertung der Arbeit der Mitarbeiter ab, auch
wenn dies möglicherweise nicht das vorrangige Ziel des Fragenkatalogs sein
soll.
Diese Datensammlung erlaubt über die Eingabe der Kundennummer in das
Programm VerblS eine Personalisierung der Daten (Sommer, a. a. 0. § 75 Rn.
208). Dass dies nur unter Zuhilfenahme eines bereits vom Hauptpersonalrat
gebilligten Programms (VerblS) möglich ist, ändert an dieser Betrachtungsweise nichts. Hierzu hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen,
dass es sich um einen Gesamtvorgang handelt. Denn die in der Exel-Tabelle
enthaltenen Daten können mit den bei VerblS enthaltenen Daten verknüpft werden, unabhängig, ob sie der nächsthöheren Behörde durch E-Mail übermittelt
oder, wie vom Antragsteller auch vorgetragen, durch Einsichtsrechte in einen
Ordner, in den die Exel-Tabellen eingestellt werden, abgerufen werden können.
Damit ermöglichen sie eine Aussage über das Verhalten und die Leistung der
Beschäftigten (Sommer a. a. 0. Rn. 211 m. w. N. führt die EDV-gestützte Speicherung und Auswertung von Fragebögen an, in denen Studenten die Qualität
von Lehrveranstaltungen bewerten; vgl. LAG Hamm, Beschl. v. 10. April 2018 –
7 TaBV 113/16 -, juris Rn. 111 in Bezug auf den wortgleichen § 87 Abs. 1 Nr. 6
BetrVG zu einer unter Verwendung einer Excel-Tabelle erstellten Anwesenheitsliste von Mitarbeitern).”
Diese Maßstäbe gelten im Kontext des § 81 Abs. 2 Nr. 12 SächsPersVG entsprechend,
womit im Gegensatz zu § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG nach dem Wortlaut nur technische
Einrichtungen in Bezug genommen werden, die objektiv dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen. Danach kann einer ExcelTabelle zwar die Eigenschaft einer technischen Einrichtung im Sinne des § 81 Abs. 2
Nr. 12 SächsPersVG zukommen; jedoch sind hier die Voraussetzungen für die Qualifikation der in Rede stehenden Excel-Tabelle des Referats 41 der Landesdirektion
Sachsen als technische Einrichtung im Sinne des 81 Abs. 2 Nr. 12 SächsPersVG nicht
erfüllt. Diese Excel-Tabelle ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht
dazu geeignet, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen.
Zwar ist dem Verwaltungsgericht zuzugeben, dass die Daten in der Excel-Tabelle die
Dauer der aufgeführten Verfahren erkennen lassen. Soweit das Verwaltungsgericht
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hieraus jedoch ableitet, dass anhand der Tabelle das Leistungsprofil einzelner Mitarbeiter oder eines Teams erkennbar ist und sich daraus ein Leistungsvergleich ergibt,
kann ihm der beschließende Senat nicht folgen.
Zwar werden auch die Personen darin angegeben, die als Ansprechpartner für die einzelnen Verfahren zur Verfügung stehen. Eine zielgerichtete Überprüfung ihres Verhaltens anhand der in der Excel-Tabelle eingetragenen Daten ist jedoch grundsätzlich
nicht möglich.
Ausweislich der Angaben des Antragsgegners sind die Ansprechpartner nicht zwingend auch die Federführer für die einzelnen Verfahren und haben in ihrer Eigenschaft
als Ansprechpartner nur die Aufgabe, bei Bedarf über den Stand den Bearbeitungstand
(Ansprechpartner Vollzug) und zu den in der Regel naturwissenschaftlichen Fachfragen (Ansprechpartner Fach) Auskunft zu geben. Soweit die Ansprechpartner nicht zugleich Federführer sind, können sich aus den Angaben in der Tabelle zur Dauer der
jeweiligen Verfahren maßgebliche Anhaltspunkte für ihr Leistungsprofil nicht ergeben.
Selbst wenn die in der Tabelle aufgeführten Ansprechpartner auch die Federführung
innehaben, lassen sich deren Leistungsprofile aus den in der Tabelle eingetragenen
Daten nicht eindeutig ermitteln. Einerseits sind die im Referat 41 zu bearbeitenden Verfahren im Hinblick auf ihre Komplexität viel zu unterschiedlich, als dass die Dauer der
Verfahren hinreichende Anhaltspunkte für die Leistung der Federführer geben könnte.
Andererseits hängt die Dauer der Verfahren nicht nur vom Federführer ab; an der Erledigung der Verfahren arbeitet grundsätzlich ein Team von Mitarbeitern mit unterschiedlichen Aufgaben, die ohnehin nicht alle den Weisungen des Federführers unterliegen.
Schließlich lässt sich ein nachhaltiges Leistungsprofil auch der übrigen Mitarbeiter der
jeweiligen Teams aus den Daten der in Rede stehenden Tabelle nicht erstellen. Die
Zuständigkeiten der Mitarbeiter des Teams werden dort nicht aufgeführt.
Sofern das Vorgangssystem VIS.SAX bereits für sich genommen die Erstellung eines
Leistungsprofils für die an den Verfahren des Referats 41 beteiligten Mitarbeiter ermöglicht, ist dies für das vorliegende Verfahren nicht von ausschlaggebender Bedeutung.
Denn hier steht im Streit, ob die Einführung der in Rede stehenden Excel-Tabelle im
Referat 41 mitbestimmungsbedürftig, und nicht, ob die Einführung des Vorgangssystems VIS.SAX mitbestimmungsbedürftig ist.
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Eine Kostenentscheidung entfällt (§ 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG, § 80 Abs. 1, § 2a
Abs. 1 ArbGG, § 2 Abs. 2 GKG).
Die Rechtsbeschwerde ist nicht gemäß § 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG, § 92 Abs. 1
Satz 1, § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, da kein Zulassungsgrund gegeben ist.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden, wenn dieser Beschluss von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts oder Verwaltungsgerichtshofs abweicht und dieser Beschluss auf dieser Abweichung beruht
(§ 88 Abs. 2 SächsPersVG i. V. m. §§ 92a, 92 Abs. 2 Satz 1, 72 Abs. 2 Nr. 2, 72a
Abs. 2 bis 5 ArbGG).
Die Beschwerde ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig,
innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Beschlusses schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung der Bundesregierung
über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim
Bundesfinanzhof (ERWOBVerwG/BFH) vom 26. November 2004 (BGBI. 1 S. 3091)
einzulegen. Der Beschwerdeschriftsatz soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift dieses Beschlusses beigefügt werden. Innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses ist die Beschwerde zu begründen. In der Begründung muss die Entscheidung, von der dieser Beschluss abweicht, bezeichnet werden.
gez.: gez.:
v. Welck Heinlein

gez.: gez.:
K. Eisold Maurer
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