Tag Archives: BearShare

[BGH] Leichte Veränderungen in der Halterhaftung für Anschussinhaber

Der BGH hatte erneut über einen ähnlich gelagerten Fall zu entscheiden, wie im Mai 2010 im Urteil “Sommer unseres Lebens”. In dem nun erneut dem BGH vorliegenden Fall musste entschieden werden, ob ein Familienvater als Inhaber des Internetanschlusses in seinem Haushalt für seine Kinder haftet. Dies hatte der BGH in seinem ersten richtungsweisenden Urteil zunächst bejaht und somit eine Art “Halterhaftung” für Internetanschlussinhaber durch richterliche Fortbildung gegründet.

In dem nun jetzt entschiedenen Fall zur ähnlich gelagerten Thematik entschied der Bundesgerichtshof unstreitig, dass eine Urheberrechtsverletzung durch das Zurverfügungstellen von urheberrechtlich geschützten Musikdateien in einer Tauschbörse, vorliegend BearShare, besteht. In einer Tauschbörse lädt der Nutzer Dateien aus einem Netzwerk mit vielen anderen Nutzerin herunter. Diese Dateien bestehen aus einzelnen Paketen, die wenn bereits runtergeladen, den anderen Nutzern auch wieder zur Verfügung gestellt werden.

Eine leichte Anpassung des Urteils Sommer unseres Lebens gab es dann ebenso. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Vater den Internetanschluss innerhalb der Familie an einen volljährigen Stiefsohn im Vertrauen ohne Belehrung über mögliche Rechtsverstöße weitergegeben hat. Er durfte bei der volljährigen Person darauf vertrauen, dass diese auch ohne Belehrung geltendes Recht einhält. Ebenso haften volljährige Personen für ihre Taten und somit laut Urteil nicht geschützt wie minderjährige unter Aufsicht der Eltern stehende Kinder.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der BGH sein Urteil aus dem Jahr 2010 modifiziert, aber nicht verworfen hat. Das Urteil stellt vielmehr eine Fortführung der Rechtsprechung da und stellt diese leicht an die allgemeinen Regelungen des Zivilrechts klar. Dogmatisch und auch inhaltlich ist das Urteil sauber.

Leider kommunizieren aktuell einige Personen und Medien sehr ungenau (z.B. Bild-Zeitung) und sprechen davon, dass Eltern generell nicht für Ihre Kinder haften oder der Anschlussinhaber generell nicht für die Urheberrechtsverletzungen, die durch seinen Anschluss begangen werden. Dies ist nach aktueller Aktenlage falsch.

 

 

 

Links:
Urteilsbesprechung Sommer unseres Lebens– hof, Urteil vom 12. 5. 2010 — I ZR 121/08

Pressemitteilung des BGH vom 8.01.2013:

“Betreff: [BGH-Pressemitteilungen] Bundesgerichtshof zur Haftung für illegales Filesharing volljähriger Familienangehöriger

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle

_______________________________________________________________________________________

Nr. 005/2014 vom 08.01.2014

Bundesgerichtshof zur Haftung für illegales Filesharing volljähriger Familienangehöriger

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen nicht haftet, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass dieser den Internetanschluss für illegales Filesharing missbraucht.

Die Klägerinnen sind vier führende deutsche Tonträgerhersteller. Der Beklagte ist Inhaber eines Internetzugangs. In seinem Haushalt leben auch seine Ehefrau und deren volljähriger Sohn.

Die Klägerinnen ließen den Beklagten durch Anwaltsschreiben abmahnen; sie behaupteten, am 12. Juni 2006 seien über seinen Internetanschluss 3.749 Musikaufnahmen, an denen sie die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte besäßen, in einer Internettauschbörse zum Herunterladen verfügbar gemacht worden. Der Beklagte gab ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Er weigerte sich jedoch, die geltend gemachten Abmahnkosten zu bezahlen.

Die Klägerinnen nehmen den Beklagten auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 3.454,60 € in Anspruch.

Der Beklagte macht geltend, er sei für die behaupteten Rechtsverletzungen nicht verantwortlich. Sein damals 20-jähriger Stiefsohn habe die Musikdateien über den Internetanschluss zugänglich gemacht. Der Stiefsohn des Beklagten hat im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung gegenüber der Polizei eingeräumt, er habe mit dem Tauschbörsenprogramm “BearShare” Musik auf seinen Computer heruntergeladen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerinnen 2.841 € zu zahlen, und die weitergehende Klage abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt, der Beklagte sei für die Verletzung der urheberrechtlich geschützten Rechte an den Musiktiteln verantwortlich. Er habe dadurch, dass er seinem 20-jährigen Stiefsohn den Internetanschluss zur Verfügung gestellt habe, die Gefahr geschaffen, dass dieser an urheberrechtsverletzenden Musiktauschbörsen teilnehme. Es sei ihm daher zumutbar gewesen, seinen Stiefsohn auch ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Der Beklagte habe diese Verpflichtung verletzt, weil er seinen Stiefsohn nicht – jedenfalls nicht hinreichend – belehrt habe.

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige ist zu berücksichtigen, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Im Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen darf der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen; erst wenn der Anschlussinhaber – etwa aufgrund einer Abmahnung – konkreten Anlass für die Befürchtung hat, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Da der Beklagte  nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbraucht, haftet er auch dann nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung, wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen belehrt haben sollte.

Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12 – BearShare

LG Köln – Urteil vom 24. November 2010 – 28 O 202/10

ZUM-RD 2011, 111

OLG Köln – Urteil vom 22. Juli 2011 – 6 U 208/10

ZUM 2012, 583

BVerfG (Kammer), Beschluss vom 21. März 2012 – 1 BvR 2365/11

GRUR 2012, 601 = WRP 2012, 702

OLG Köln, Urteil vom 17. August 2012 – 6 U 208/10, juris

Karlsruhe, den 8. Januar 2014

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501″

 

[BGH] Tauchbörse BearShare 2014

Verhandlungstermin: beim BGH 8. Januar 2014   I ZR 169/12 (BearShare)

Rechtszug:
LG Köln, Urteil vom 24. November 2010 – 28 O 202/10, ZUM-RD 2011, 111
OLG Köln, Urteil vom 22. Juli 2011 – 6 U 208/10, ZUM 2012, 583
BVerfG (Kammer), Beschluss vom 21. März 2012 – 1 BvR 2365/11, GRUR 2012, 601 = WRP 2012, 702
OLG Köln, Urteil vom 17. August 2012 – 6 U 208/10

Laut Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes
Das aktuelle Jahr ist noch nicht lang und schon muss der BGH zum Thema Tauchbörse BearShare entscheiden:

“Die Klägerinnen sind vier führende deutsche Tonträgerhersteller. Der Beklagte, ein auf Onlinerecherche und Internetpiraterie spezialisierter Polizeibeamter, unterhält in seiner Privatwohnung einen Internetzugang. In seinem Haushalt leben auch seine Ehefrau und deren volljähriger Sohn, sein Stiefsohn.

Die Klägerinnen ließen den Beklagten durch einen Rechtsanwalt mit Schreiben vom 30. Januar 2007 abmahnen; sie behaupteten, am 12. Juni 2006 seien über seinen Internetanschluss 3.749 Musikaufnahmen, an denen sie die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte besäßen, in einer Internettauschbörse zum Herunterladen verfügbar gemacht worden. Der Beklagte gab ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Er weigerte sich jedoch, die geltend gemachten
Abmahnkosten zu bezahlen.

Die Klägerinnen nehmen den Beklagten auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 3.454,60 € in Anspruch.

Der Beklagte macht geltend, er sei für die behaupteten Rechtsverletzungen nicht verantwortlich. Sein damals 20-jähriger Stiefsohn habe die Musikdateien über den Internetanschluss zugänglich gemacht. Der Stiefsohn des Beklagten hat im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung gegenüber der Polizei eingeräumt, er habe mit dem Tauschbörsenprogramm “BearShare” Musik auf seinen Computer heruntergeladen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerinnen 2.841 € zu zahlen. Es hat die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen. Auf die Verfassungsbeschwerde des
Beklagten hat das Bundesverfassungsgericht das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Berufungsurteil verletze das Recht des Beklagten auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), weil die Nichtzulassung der Revision nicht nachvollziehbar begründet werde, obwohl die Zulassung der Revision nahegelegen hätte. Das Berufungsgericht hat den Beklagten erneut zur
Zahlung von 2.841 € verurteilt. Dazu hat es ausgeführt, der Beklagte sei für die Verletzung der urheberrechtlich geschützten Rechte an den Musiktiteln verantwortlich. Er habe dadurch, dass er seinem 20-jährigen Stiefsohn den Internetanschluss zur Verfügung gestellt habe, die Gefahr geschaffen, dass dieser an urheberrechtsverletzenden Musiktauschbörsen teilnehme. Es sei ihm daher zumutbar gewesen, seinen Stiefsohn auch ohne konkrete Anhaltspunkte für
eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Dem stehe nicht entgegen, dass sein Stiefsohn bereits volljährig gewesen sei. Der Beklagte habe diese Verpflichtung verletzt, weil er seinen Stiefsohn nicht – jedenfalls nicht hinreichend – belehrt habe.

Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.”

Zitat: Pressemitteilung des BGH vom 03.01.2014