Elektronische Signaturen erfüllen nicht immer das Schriftformerfordernis – AG Berlin

Die Welt wird digitaler und so muss auch das Schriftformerfordernis des § 126a BGB durch das digitale Werkzeug erfüllt werden. In einem nun aktuellen Urteil des AG Berlins wird dies für eines dieser Werkzeuge untersagt.

Digitale Signaturen

Eine digitale Signatur ist nicht gleich einer digitalen Signatur. Es gibt verschiedene Varianten einer digitalen Signatur

  • digitale Signatur
  • fortgeschrittene digitale Signatur
  • qualifizierte digitale Signatur

Das Schriftformerfordernis erfüllt man nur mit einer qualifizierte digitale Signatur. Diese ist definiert durch: 

“§ 126a fordert überdies eine qualifizierte elektronische Signatur. Die insoweit maßgebliche Begriffsbestimmung findet sich mittlerweile in Art. 3 Nr. 12 eIDAS-VO.17 Eine qualifizierte elektronische Signatur setzt danach eine elektronische Signatur (Art. 3 Nr. 10 eIDAS-VO) voraus, die die Merkmale einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur (Art. 3 Nr. 11 eIDAS-VO, Art. 26 eIDAS-VO) aufweist und überdies die Sicherheitsanforderungen an eine qualifizierte elektronische Signatur (Art. 3 Nr. 15, Nr. 23 eIDAS-VO) erfüllt.”

Damit muss erfüllt sein:

  • asymmetrischen Verschlüsselungsverfahren (Einsatz von zwei verschiedenen Schlüsseln, geheim und öffentlicher Schlüssel)
  • eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet ist 
  • Änderungen muss nachverfolgbar sein
  • die Identifizierung des Unterzeichners ermöglicht
  • unter Verwendung elektronischer Signaturerstellungsdaten erstellt wird, die der Unterzeichner mit einem hohen Maß an Vertrauen unter seiner alleinigen Kontrolle verwenden kann
  • mit den auf diese Weise unterzeichneten Daten so verbunden ist, dass eine nachträgliche Veränderung der Daten erkannt werden kann (Art. 26 eIDAS-VO).
  • Eine fortgeschrittene elektronische Signatur verlangt also einen geheimen privaten, nur dieser Person zugeordneten

Konkrete Anwendung

So schaut man sich zum Beispiel die größeren Anbieter wie DokuSign und AdobeSign an und muss feststellen, dass in der kleineren kostengünstigen Variante die Anforderungen nicht erfüllt sind. Ihr müsst schon die Premium Lizenz nehmen.

Laut der Twitter-Bubble #Teamdatenschutz geht es beim AG Berlin um das Produkt DokuSign. (27.10.2021) Ich werde versuchen dies zu verifizieren. 

 

AG Berlin

https://www.berlin.de/gerichte/arbeitsgericht/presse/pressemitteilungen/2021/pressemitteilung.1139258.php

Unwirksame Befristung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund elektronischer Signatur

Pressemitteilung Nr. 43/21 vom 26.10.2021

Nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin genügt ein von beiden Seiten nur in elektronischer Form unterzeichneter befristeter Arbeitsvertrag den Formvorschriften für eine wirksame Vereinbarung einer Befristung nicht, der Arbeitsvertrag gilt als auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Gemäß § 14 Absatz 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall haben der Arbeitnehmer und die Arbeitgeberin einen befristeten Arbeitsvertrag als Mechatroniker nicht durch eigenhändige Namensunterschrift auf dem Vertrag abgeschlossen, sondern unter Verwendung einer elektronischen Signatur. Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass jedenfalls die hier verwendete Form der Signatur dem Schriftformerfordernis nicht genüge. Auch wenn man annehme, dass eine qualifizierte elektronische Signatur im Sinne des § 126a Bürgerliches Gesetzbuch zur wirksamen Vereinbarung einer Befristung ausreiche, liege in diesem Fall keine solche vor. Für eine qualifizierte elektronische Signatur sei eine Zertifizierung des genutzten Systems gemäß Artikel 30 der Verordnung (EU) vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt erforderlich. Eine solche Zertifizierung durch die gemäß § 17 Vertrauensdienstgesetz zuständige Bundesnetzagentur biete das verwendete System nicht. Entsprechend sei die Vereinbarung der Befristung mangels Einhaltung der Schriftform unwirksam, der Arbeitsvertrag gelte gemäß § 16 Teilzeit- und Befristungsgesetz als auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Gegen die Entscheidung ist das Rechtsmittel der Berufung zum Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gegeben.

Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 28.09.2021, Aktenzeichen 36 Ca 15296/20.

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Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 126a Elektronische Form

(1) Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen.
(2) Bei einem Vertrag müssen die Parteien jeweils ein gleichlautendes Dokument in der in Absatz 1 bezeichneten Weise elektronisch signieren.