Ein durch einen Algorithmus generierten Mahnschreiben löst eine anwaltliche Geschäftsgebühr aus

LegalTech revolutioniert den Markt, die Arbeit von Anwälten und in dessen Kontext gründen sich immer mehr StartUps. Die so automatisierte Rechtsdienstleistungen können wesentlich besser skalieren und werden immer häufiger für Standardschreiben und Abmahnungen eingesetzt. Dies auch in dem vorliegenden Fall des Amtsgerichtes Köln.

Der Fall

In dem Fall geht es um eine Plattform, die für ihre Kunden/Mandanten Fluggastrechte gegenüber der Fluggesellschaft durchsetzt. Das System generiert automatische Schreiben auf Basis der Eingaben des Mandanten ohne zutun einer Person wird ein Schreiben generiert und versandt. Nach einem kleinen Hin- und Her weigerte sich die beklagte Fluggesellschaft die Anwaltskosten in Höhe von 15€ zzgl 5% über dem jeweiligen Basiszins zu zahlen.

Die Entscheidung

Die Grundfrage ist nun, ob eine Anwaltsgebühr schon dann ausgelöst wird, wenn ein Algorithmus ein automatisches Schreiben verschickt. Dieses wurde in dem Urteil bejaht! 

Begründung wie folgt,

“Die Geschäftsgebühr entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags (Vorbemerkung 2.3 (3) VV RVG 2300). Dazu gehören die anwaltliche Prüfung und Beratung über das Bestehen von Forderungen und das Verfassen eines Anspruchsschreibens unzweifelhaft dazu. Ob dies durch mündliche Besprechung mit dem Rechtsanwalt, der den Anspruch in seinem Kopf prüft, oder Nutzen eines vorher durch einen Rechtsanwalt programmierten und geprüften Algorithmus geschieht, ist aus Sicht des Gerichts nicht maßgeblich. Es handelt sich um das Betreiben eines Geschäfts im Sinne von VV RVG 2300. Am 07.06.2019 haben die Kläger eine anwaltliche Beratung in Anspruch genommen. Sie haben ihre Flugdaten und persönliche Daten einschließlich Kontoverbindung auf der homepage der Prozessbevollmächtigten eingegeben. Der dort installierte Algorithmus „berechnet“ das Bestehen eines Anspruchs und generiert ein Anspruchsschreiben an die Fluggesellschaft. Damit hat der Algorithmus genau dieselbe Dienstleistung erbracht, die ein Rechtsanwalt im mündlichen Gespräch und anschließend mit Verfassen eines Anspruchsschreibens erbringen würde. ”  [fett markiert durch den Autor]

Das Urteil

Quelle: https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ag_koeln/j2020/120_C_137_19_Schlussurteil_20200305.html

Amtsgericht Köln, 120 C 137/19

Datum: 05.03.2020
Gericht: Amtsgericht Köln
Spruchkörper: Abteilung 120
Entscheidungsart: Schlussurteil
Aktenzeichen: 120 C 137/19
ECLI: ECLI:DE:AGK:2020:0305.120C137.19.00
Berufung: zugelassen
 
Normen:
§§ 280, 286 BGB
Leitsätze:

Die anwaltliche Geschäftsgebühr wird bei der Erstattung eines durch Algorithmus generierten Mahnschreibens ausgelöst.

 
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

 

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